Krankenkasse muss Klinikauswahl akzeptieren

Eine gesetzliche Krankenkasse hat die Verpflichtung, den Wünschen eines Versicherten bei der Auswahl einer Reha-Klinik zu entsprechen. Das gilt dann, wenn die Klinik als Rehabilitations-Einrichtung zugelassen ist. So eine Entscheidung des Hessischen Landessozialgerichtes vom August 2008.

Der Kläger war gesetzlich krankenversichert. Der Mann war seit 1985 völlig erwerbsunfähig, weil er an vielfachen, größtenteils chronischen Krankheiten litt. Seelische und körperliche Beschwerden, von Herzerkrankung über Lungenprobleme bis hin zu allergischen Erscheinungen, von Veränderungen der Wirbelsäule über Gelenkbeschwerden und Sehbehinderungen bestimmten das ausgeprägte und vielfältige Krankheitsbild des Klägers. Zuletzt war der Kläger zu Anfang des Jahres 1997 vier Wochen lang in einer Fachklinik für Naturheilverfahren und ganzheitliche Medizin stationär behandelt worden. Diese Einrichtung ist als Rehabilitationsklinik zugelassen.

Erste Klage abgelehnt

Der Mann stellte im Juli 2000 einen Antrag auf erneute Rehabilitationsmaßnahme in der gleichen Klinik. Sein behandelnder Internist stellte eine entsprechende Bescheinigung aus. Die Krankenkasse des Klägers lehnte jedoch den Antrag ab. Auch einen Widerspruch gegen diese Ablehnung wurde verworfen. Nun erhob der Versicherte im Juli 2001 Klage beim Sozialgericht Gießen. Nachdem der Kläger seiner Krankenkasse ultimativ eine Frist gesetzt hatte, trat er im November 2003 eine dreiwöchige Kur auf eigene Kosten an. Das Sozialgericht Gießen wies die Klage jedoch zurück. (Aktenzeichen S6 KN 13 91 0/01 KR)

Unrechtmäßige Ablehnung

Der Mann ging in die Berufung und verlangte die Erstattung der Kosten für seine in Eigenregie durchgeführte Kur. Das Hessische Landessozialgericht erkannte die Berufung des Versicherten zum überwiegenden Teil an. Der Mann habe Anspruch auf Erstattung des größten Teils der Kosten, die ihm durch die Kurmaßnahme entstanden seien, so die Richter.

Solche Aufwendungen müssen immer dann erstattet werden, wenn der Träger eine Leistung unrechtmäßig abgelehnt hat. Der Grund dafür, dass sich der Versicherte die Leistungen selbst beschafft hat, liegt in der nicht rechtmäßigen Ablehnung seiner Forderungen.

In diesem Fall habe die beklagte Krankenkasse die Kur nicht ablehnen dürfen, denn der Kläger habe einen Anspruch auf diese Rehabilitation gehabt.

Eingeschränktes Mitspracherecht

Die Maßnahme sei erforderlich gewesen, denn die Beschwerden des Klägers hätten so gemildert werden können. Er sei auch durch die Kur weiterhin in der Lage, sein Leben selbst zu bestimmen. Das sei den Berichten der Klinik und des behandelnden Arztes zu entnehmen. Für die Krankenkasse habe die Verpflichtung bestanden, die stationäre Kur zu bewilligen.

Zwar hat eine Krankenkasse ein Mitspracherecht, was die Art und Weise von Rehabilitationsleistungen angeht. Doch ein derartiges "Auswahlermessen" habe es faktisch im Fall des Klägers nicht gegeben, urteilten die Richter.

Wünsche müssen berücksichtigt werden

Die Krankenkassen müssen berechtigten Wünschen der Versicherten entsprechen. Auf jeden Fall müssen diese Anliegen dann berücksichtigt werden, wenn die Einrichtung zur Rehabilitation zugelassen ist. Das war hier der Fall. Die beklagte Krankenkasse hätte deshalb den Wünschen des Klägers nachkommen müssen. Natürlich gibt es Erwägungen über Kosten, die in die Entscheidungen der Krankenkassen einfließen können. Doch auch dabei gab es keinerlei nachvollziehbare Gründe, die vom Kläger favorisierte Klinik nicht zu akzeptieren und die Übernahme der Reha-Kosten abzulehnen. (LSG Hessen, Aktenzeichen L1 KR 2/05)


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